Oberverwaltungsgericht lehnt Antrag auf Baubeginn ab: Die Hähnchenmastanlage Groß Haßlow bei Wittstock/Dosse im Landkreis Ostprignitz-Ruppin darf weiterhin nicht gebaut werden.

Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat mit Beschluss vom 22.4.2016 den Antrag des Hähnchenmästers, den Bau fortführen zu dürfen, in zweiter und letzter Instanz abgelehnt. Damit liegen nunmehr vier Gerichtsentscheidungen gegen die vom Landesamt für Umwelt Brandenburg genehmigte industrielle Tierhaltungsanlage vor.

Der Landesvorsitzende des NABU Brandenburg, Friedhelm Schmitz-Jersch, zeigt sich erfreut über die Entscheidung. „Der Beschluss des OVG ist ein weiterer wichtiger Schritt, um diese industrielle Großtierhaltung, die dem Natur- und Tierschutz widerspricht, endgültig zu verhindern. Wie auch das erfolgreiche Volksbegehren gegen Massentierhaltung zeigt, müssen Betreiber derartiger Anlagen in Brandenburg mit erheblichem Gegenwind rechnen. Aber auch die Landwirte können sich freuen. Jedenfalls diese Anlage heizt die Überproduktion und den Preisverfall nicht weiter an.“

Die Bürgerinitiative Wittstock Contra Industriehuhn, die alle Verfahren entscheidend auf den Weg gebracht und begleitet hat, ist erleichtert. Die SprecherInnen der Bürgerinitiative, Andrea Stelmecke und Dr. Philipp Wacker, sehen sich in ihrem nun seit Jahren andauernden Einsatz gegen die Hähnchenmastanlage bestätigt. „Wir können nur hoffen, dass der Hähnchenmäster jetzt einsieht, dass eine solche Anlage hier nicht gebaut werden kann, und endgültig von dem Projekt Abschied nimmt. Allen Unterstützern die uns bis hierher begleitet haben gilt unser Dank!“

Auch rechtlich ist der Beschluss des OVG Berlin-Brandenburg von großer Bedeutung, wie der Rechtsanwalt des NABU, Peter Kremer, ausführt: „Der Beschluss hat wegweisende Bedeutung vor allem für die Geltung des neuen Rechts, das die Ansiedlung industrieller Tierhaltungsanlagen deutlich erschwert. Die Hürden für solche Anlagen werden rechtlich immer höher.“

Eine endgültige Entscheidung über die Zukunft der Hähnchenmastanlage ist der Beschluss des OVG Berlin-Brandenburg noch nicht. Nunmehr muss in einem sogenannten Hauptsacheverfahren darüber entschieden werden, ob die Anlage irgendwann gebaut werden darf oder nicht. Dieses Verfahren wird zunächst vor dem Verwaltungsgericht Potsdam und dann, sofern der Hähnchenmäster an seinem Vorhaben festhält, wohl auch in zweiter Instanz vor dem OVG Berlin-Brandenburg geführt. Der Anwalt des NABU sieht in dem Beschluss des OVG aber eine gute Grundlage dafür, die Anlage auch dauerhaft zu verhindern. Bis zum Ende des Hauptsacheverfahrens (etwa zwei bis vier Jahre) darf nicht gebaut werden, am Ende des Hauptsacheverfahrens steht dann die endgültige Entscheidung über die Anlage.

Für Rückfragen:

  • Friedhelm Schmitz-Jersch (Vorsitzender NABU), Telefon: 0171 – 366 74 69
  • NABU Brandenburg, Telefon: 0331 – 2015570
  • BI Wittstock Contra Industriehuhn Andrea Stelmecke, Telefon: 0152 – 56196600,
  • Rechtsanwalt Peter Kremer, Telefon: 0172 – 6464425
  • Rechtsanwalt Thorsten Deppner, Telefon: 0151 – 24057941

Hintergrund

Die Hähnchenmastanlage Groß Haßlow war im November 2012 durch das damalige Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz (heute: Landesamt für Umwelt – LfU) mit 380.000 Mastplätzen genehmigt worden. Mit dem Bau war jedoch zunächst nicht begonnen worden, da der Hähnchenmäster nach Genehmigungserteilung die Anlage ändern wollte. Die Mastgeflügelplätze sollten auf 328.000 reduziert werden, die Tiergewichte dagegen deutlich erhöht werden.

Die Genehmigungsbehörde hatte die zunächst auf ein Jahr befristete Geltungsdauer der Genehmigung verlängert. Gegen diese Verlängerung der Genehmigung war der NABU Brandenburg gerichtlich vorgegangen, und zwar u. a. mit dem Argument, dass zum Zeitpunkt der Verlängerung der Genehmigung die Anlage wegen des Wegfalls der Privilegierung solcher Anlagen nicht mehr genehmigungsfähig war. Die Genehmigungsbehörde und der Hähnchenmäster hatten sich dagegen auf den Standpunkt gestellt, dass das alte Recht weiterhin anwendbar sei und damit die Anlage weiterhin privilegiert sei.

In zwei Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht Potsdam und dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hatte der NABU Recht bekommen. Die Gerichte hatten den Fristverlängerungsbescheid für nicht vollziehbar erklärt, da sie erhebliche Zweifel an dessen Rechtmäßigkeit hatten.

Daraufhin hatte der Hähnchenmäster bei der Genehmigungsbehörde beantragt, den Fristverlängerungsbescheid für vollziehbar zu erklären, damit der Bau fortgesetzt werden darf (die Gebäude der Stallanlagen stehen bereits). Diesen Antrag hatte die Genehmigungsbehörde abgelehnt, und der Hähnchenmäster ist sowohl vor dem Verwaltungsgericht Potsdam als auch vor dem OVG Berlin Brandenburg mit einem Antrag auf Anordnung des Sofortvollzugs gescheitert.

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