Potsdam, den 18. November 2016, NABU Brandenburg siegt auch im Hauptsacheverfahren. Die Hähnchenmastanlage Groß Haßlow bleibt verboten.

Die umstrittene Hähnchenmastanlage in Groß Haßlow bei Wittstock/Dosse darf weiterhin nicht gebaut werden. Das Verwaltungsgericht Potsdam gab der Klage des NABU Brandenburg in der Hauptsache statt. Der Streit wird nun voraussichtlich vor das Oberverwaltungsgericht gehen.

Das Landesamt für Umwelt Brandenburg (LfU) hatte im Jahr 2012 in Groß Haßlow eine Hähnchenmastanlage mit 380.000 Tierplätzen genehmigt. Bei etwa acht Mastdurchgängen wären jährlich rund drei Millionen Tiere in riesigen Hallen und ohne Auslauf innerhalb von 35 Tagen auf ein Schlachtgewicht von ca. 1,6 kg gemästet worden. Als Hähnchenmäster traten die Unternehmensgruppen Rothkötter und Fortwengel in Form der Prignitzer Broilermast GmbH auf. Nach Erteilung der Genehmigung beantragten die Hähnchenmäster deren Änderung. Nunmehr sollten 328.000 Tiere auf ein Schlachtgewicht von 2,6 kg innerhalb von 42 Tagen (so genannte Langmast) gemästet werden.

Die ursprüngliche Genehmigung war auf ein Jahr befristet. Kurz vor Ablauf dieser Ein-Jahres-Frist begannen die Hähnchenmäster mit der Bauvorbereitung und beantragten außerdem eine Verlängerung der Genehmigung, die vom Landesamt für Umwelt auch erteilt wurde.Gegen diese Verlängerung erhob der NABU Brandenburg Widerspruch und Klage.

Der NABU machte geltend, dass die Anlage wegen einer zwischenzeitlich eingetretenen Rechtsänderung heute nicht mehr genehmigt werden dürfte und die Behörde außerdem Auswirkungen der Anlage nicht geprüft oder falsch bewertet habe. Außerdem sei die Umstellung auf Langmast eine Vergrößerung der Anlage um rund ein Viertel, weil sich das Tiergewicht entsprechend erhöhe.Trotz Widerspruch und Klage wollten die Hähnchenmäster weiterbauen. Dies wurde ihnen durch insgesamt vier Eilbeschlüsse vom Verwaltungsgericht Potsdam und vom Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg untersagt.

Mit dem gestrigen Urteil, das nach mehrstündiger mündlicher Verhandlung fiel, liegt nun erstmals auch eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren vor.

Der Landesvorsitzende des NABU, Friedhelm Schmitz-Jersch, zeigte sich erfreut über den Ausgang des Verfahrens: „Jeder Tag, an dem nicht hunderttausende von Tieren bis zum Schlachttag in Riesenställen vor sich hinvegetieren, ist ein guter Tag für die Umwelt. Ich bin zuversichtlich, dass die Entscheidung in der nächsten Instanz bestätigt wird.“

Große Erleichterung gab es auch bei der Bürgerinitiative „Wittstock contra Industriehuhn“, die das Verfahren unterstützt und begleitet. Deren Sprecher Andrea Stelmecke und Dr. Philipp Wacker sehen das Urteil auch als Zeichen dafür, dass sich der Widerstand gegen derartige Projekte lohnt. Andrea Stelmecke: „Seit drei Jahren gibt es unsere BI, und durch das nun schon fünfte für uns positive Urteil sehen wir unseren langen Atem bestätigt.“ „Allen Freunden und Förderern sei für ihre bisherige Unterstützung herzlich gedankt“, ergänzt Philipp Wacker.

Nach Ansicht des Berliner Spezialisten für Umweltrecht Peter Kremer, der als Anwalt die Klage für den NABU führte, geht die Bedeutung der Entscheidung weit über den konkreten Fall hinaus. Er rechnet allerdings damit, dass das Verfahren wegen der grundsätzlichen Rechtsfragen bis zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig geht und daher noch mehrere Jahre dauern wird.

Das Verwaltungsgericht ließ die Berufung zum Oberverwaltungsgericht zu. Die Genehmigungsbehörde und die Hähnchenmäster müssen nun entscheiden, ob sie den Fall vor das Oberverwaltungsgericht bringen.

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